HINTErGRUND & ZIELE DES TRAININGS

Unser Training soll Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufen I+II dazu befähigen, in Gruppenarbeit mehr mit- statt nur zueinander zu sprechen. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Ansatz der Transaktivität?

KOOPERATIVES LERNEN

Kooperatives Lernen ist längst keine Modeerscheinung mehr. In Zeiten inklusiver Schul- und Unterrichtsentwicklung wird kooperatives Lernen als Möglichkeit erörtert, eine differenzsensible Didaktik zu implementieren, um Schülerinnen und Schüler mit heterogenen Lernvoraussetzungen im fachlichen, sprachlichen und sozialen Bereich erfolgreich unterrichten zu können. Das kooperative Lernen bietet dabei ein stabiles Grundgerüst, um schülerzentriert und kompetenzorientiert zu lehren. Um dieses Grundgerüst zu errichten, sind diverse sozialkommunikative Fertigkeiten bei den Lernenden zu entwickeln und zu etablieren.

Einen bislang eher unbekannteren Puzzlestein erfolgreichen kooperativen Lernens bildet das Training der transaktiven Kommunikation. Was versteht man darunter?

TRANSAKTIVE KOMMUNIKATION

Die meisten Lehrerinnen und Lehrer werden aus der eigenen Unterrichtspraxis bestätigen können: Gut funktionierende Partner- und Gruppenarbeiten sind keine Selbstläufer. Wie zahlreiche Studien belegen konnten, ist selbst die beste Vorstrukturierung kooperativer Lernsettings von Seiten der Lehrkraft zum Scheitern verurteilt, wenn Lernende nicht gewisse Kompetenzen beherrschen (Johnson & Johnson, 2005; Slavin, 2011). So müssen Lernende (1) sozialkompetent interagieren, (2) über ihren Arbeits- und Lernprozess reflektieren sowie (3) miteinander aufgabenorientiert kommunizieren können, damit kooperative Unterrichtsmethoden gelingen können. Allerdings bringen nicht alle Lernenden diese Fertigkeiten „von Haus aus“ mit. Viele Schülerinnen und Schüler profitieren unter anderem deshalb nicht von der Kooperation, weil die Qualität ihrer Kommunikation (noch) nicht ausreicht (O’Donnell, 2006; Webb, 2010). Solche Fertigkeiten müssen daher spezifisch vorbereitet, angeleitet und in ihrer Anwendung unterstützt werden. Eine gelingende Kooperation zeichnet sich dadurch aus, dass sich Lernende intensiv mit den Gedanken ihrer Gruppenmitglieder auseinandersetzen und mit ihren eigenen Gedanken verbinden. Damit ist gemeint, dass der einzelne Lernende mit seinen Ideen zum Inhalt und der Aufgabe auf die Ideen seiner Lernpartner Bezug nimmt, indem er die Ideen der Lernpartner um weitere Erklärungen ergänzt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen verschiedenen Ideen herausstellt oder unterschiedliche Ideen miteinander verknüpft (Littleton & Mercer, 2013). Diese Form der Kommunikation wird als „transaktive Kommunikation“ bezeichnet. Durch transaktive Kommunikation konstruieren die Lernenden gemeinsam Wissen, so dass im Laufe der Zusammenarbeit eine komplexe Wissensstruktur zum Lerngegenstand entsteht. Berkowitz und Kollegen fassten 2008 den Forschungsstand zur Bedeutung der transaktiven Kommunikation für Lernprozesse zusammen und resümierten, dass die transaktive Kommunikation von Lernenden bei den unterschiedlichsten Fachinhalten und Altersgruppen in positivem Zusammenhang mit ihrem Lernerfolg steht. Doch wie kann man die transaktive Kommunikation mit Lernenden gezielt trainieren? Dieser Frage sind wir im Rahmen einer Studie mit fast 1000 Schüler_innen nachgegangen, die wir unter der Rubrik „Forschungsergebnisse“ genauer darstellen. Im Folgenden geben wir einen kurzen Einblick in das Training.

UNTERRICHTSINHALTE

Für die Konzeption unseres Trainings war zentral, dass die einzelnen Module nicht zusätzlich zum normalen Unterricht durchgeführt werden müssen, sondern sich darin integrieren lassen. Die Trainingselemente lassen sich mit beliebigen Fachinhalten durchführen.
Unser Trainingsansatz verbindet somit drei Ebenen schulischen Lernens: Es geht um konkrete Unterrichtsinhalte, die Verbesserung der sozialkommunikativen Fertigkeiten im Bereich der transaktiven Kommunikation und um die Anwendung und Nutzung kooperativer Lernformen zur Intensivierung der fachlichen und sozialen Lernprozesse. In unserer Studie haben wir als übergeordnetes Unterrichtsthema die weltweite Hungerproblematik ausgewählt und anhand von 7 Modulen beleuchtet.
Jedem dieser Module widmeten wir eine oder mehrere transaktive Kommunikationsfertigkeiten gegenüber den Schülerinnen und Schülern der Einfachheit halber „Skills“ genannt. Dabei folgte jedes Modul dem gleichen Ablauf:
> direkte Instruktion in die jeweiligeKommunikationsfertigkeit mithilfe eines Erklärvideos und/oder einesNegativ-Positiv-Beispiels;
> angeleitetes und selbstständiges Üben der Fertigkeit in Form von uns entwickelter fachübergreifender Methoden;
> Ergebnissicherung sowohl auf Ebene der Kommunikationsfertigkeit als auch mit Bezug auf die Unterrichtsinhalte.